Von Anklam nach Barth
In Anklam legen wir ab, um die Peene zu verlassen, werden aber daran gehindert, da die neue Eisenbahnbrücke defekt ist. "Kinderkrankheiten", der Kommentar der Brückenwärterin. Wie lange es dauern wird, ist unklar und damit entscheiden wir uns nach Stolpe zurückzufahren. Dieser Wasserwanderrastplatz hat uns sehr gefallen. Wir geniessen einen Tag ohne Ziel und "nuschen" in unserer schwimmenden Wohnung herum. Am Abend sehen wir zum wiederholten Mal Biber, leider aber immer nur aus der Ferne.
Der zweite Anlauf am nächsten Morgen gelingt ohne Einschränkungen und wir passieren die Brücke punkt 09:00 Uhr. Das Wetter ist weiterhin sehr freundlich und mild. Wir befahren das Achterwasser und den Peenestrom, das sind die beiden Gewässer hinter der Küste der Ostsee und führen nach Peenemünde, der Mündung in die Ostsee. Im Laufe des Nachmittags kommen wir in Zinnowitz an. Für uns ein unbekannter Ort, der uns von einem Liegeplatznachbar vor ein paar Tagen empfohlen worden ist. Der Hafen ist neu gebaut und hat keine grosse Atmosphäre. Im Internet lesen wir, dass Zinnowitz ein bekannter Ostseebadeort ist. Mit den Fahrrädern legen wir die Strecke von 3 km zwischen dem Achterwasser Hafen und der Städtchen an Meer zurück. Plötzlich sind wir mitten in einem touristischen Mekka mit Strassenkaffees, Eisständen, Souvenierläden, Ferienwohnungen und unzähligen Restaurants. Der Strand mit den legendären Strandkörben ist gleich angrenzend. Nach den letzten ruhigen Tagen in der Natur gibt diese Kulisse eine willkommene Abwechslung, der wir aber auch gerne wieder entfliehen.
Ungeplant melden sich Käthi und Urs Ramel. Unsere nicht nur Coucousine, Zahnarzt sondern auch langjährige Freunde sind mit ihrem Flieger unterwegs nach Norden. Nachdem sie letztes Jahr schon ganz in unserer Nähe waren, aber bedingt durch die meteorologischen Bedingungen weiter mussten, klappt es dieses Mal. Sie landen auf dem ehemaligen Militärflugplatz Peenemünde. Wir können mit unserem Schiff bis 800 m an diesen Flugplatz heranfahren und die beiden auf der «FENNA» begrüssen. Wir fahren nach Kröslin und am anderen Tag nach Wolgast und wieder zurück nach Karlshagen. Als krönender Abschluss ihres Kurzbesuchs sind wir für einen Rundflug eingeladen und sehen unser Wassergebiet von oben: wir fliegen über Greifswald, Stralsund und umrunden die Insel Rügen. Traumhaft…! Wieder einmal verbrachten wir eine Megagigahagahammerzeit mit den beiden.
Die geflogene Route nehmen wir mit dem Schiff in Angriff und so geht es wieder zu zweit weiter nach Greifswald. Vermutlich ist sie eine der umfassendsten renovierten Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Woche bleiben wir in dieser sehr herausgeputzten Stadt, da der Wind und Wellen etwas zu heftig für unser Binnenschiff ist. Wir mieten ein Auto und machen ein paar Ausflüge in der Umgebung, die mit dem Fahrrad zu weit wären. Da Charlotte und Christian Huber mit ihrer «Kinette» in Waren an der Müritz liegen, lassen wir es uns nicht nehmen, einen kleinen Umweg zu fahren, um sie wieder einmal zu sehen.
Am 15. übernehmen wir unser 4. Crewmitglied an Bord: sie heisst Reja und ist 4 Monate jung und Artgenossin von Benjo. Damit unterstützen wir die artgerechte Haltung unseres Vierbeiners. Anfänglich hatte er mit dem «Eindringling» seine Mühe und war sehr eifersüchtig. Nach ein paar Tagen hat sich diese Ablehnung verflüchtigt und sie spielen und tollen stundenlang.
Das Wetter beruhigt sich etwas und wir machen uns auf, über Greifswalder Bodden, eine riesige Bucht der Ostsee, nach Stralsund zu fahren.
Wir lernen wieder eine Stadt kennen, die mit viel Liebe renoviert ist und mehrere Sehenswürdigkeiten bietet. Vor allem das Ozeaneum (www.ozeaneum.de) ist ein absolut beeindruckendes Museum; riesige Aquarien mit eindrücklich grossen Fischen und alles so dargestellt, wie es in Natura in der Ostsee und in der Nordsee aussieht. Greenpeace ist mit dabei und das will wohl was heissen... Daneben gibt es z.B. noch das Meeresmuseum, das alte Segelschulschiff der Marine "Gorch Fock" und das Marinemuseum Dänholm zu besichtigen. - Wir bleiben wegen des unruhigen Wetters erneut hängen, was uns aber in dieser sympathischen Stadt überhaupt nicht stört.
Nach einer Woche Aufenthalt in Stralsund ist das Wetter so gut, dass wir unsere Leinen lösen und Kurs nehmen auf Barth. Diese, für uns unbekannte Stadt liegt am Seen- und Naturschutzgebiet hinter der Ostseeküste. Barth ist ebenfalls wunderhübsch renoviert und sehr gepflegt. Der Hafen ist riesig und hat neben den Yachten auch eine grosse Werft für Berufs- und Behördenschiffe. Wir sind immer wieder beeindruckt, wie gross die Erneuerungs-Unterschiede in den einzelnen Städten und Dörfern sind. Auch hier verbringen wir ein paar Tage länger als geplant, da es so einladend und attraktiv wirkt.
Bis Ende Monat wandern wir auf dem Wasser weiter über die Boddengewässer bis nach Ribnitz. Gemäss Wikipedia, ist dies der Ausdruck für Gewässer, die nur über schmale Meeresarme mit dem offenen Meer in Verbindung stehen. Es sind mehrere Seen, die sich über eine Distanz von ca. 80 km von Stralsund bis nach Ribnitz erstrecken.
Die gesamte Wasserfläche ist sehr untief und wir fahren meistens in betonnten Fahrrinnen mit 2-3 m Tiefe. Daneben ist das Wasser sofort zwischen 1 m und 50 cm flach und damit für uns eine Gefahr, denn wir würden mit unseren 80 cm Tiefgang auf Grund auflaufen. Die Navigation muss gut vorbereitet sein und die Strecken verlangen eine hohe Aufmerksamkeit beim Steuern. Das Gebiet ist grösstenteils Naturschutzgebiet und hat viele Vogelarten und ganz unterschiedliche Fische, die hier ihren Lebensraum haben.
Traditionelle Ostseebadeorte wie Zingst, Wustrow und Ahrenshoop sind sehr lebhafte Ferienorte. Am Ufer sind unendlich viele Velofahrer unterwegs, die dann am Abend mit dem Schiff oder mit dem Bus wieder an ihren Ausgangsort zurückgefahren werden. Auf dem Wasser dagegen hat es ausgesprochen wenige Boote. So erkennt man uns mit unserer «Fenna» in den Häfen und immer wieder werden wir von Leuten angesprochen, die uns irgendwo schon einmal gesehen haben. Es ist ein Wechsel vom quirligen Tourismus am Land und dem ruhigen, beschaulichen Naturschutzgebiet auf dem Wasser.